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19. Fortsetzung und vorläufiges Ende des Rechtsstreits um das Merfelder Bruch. 1824-1834
1824 zeigte Freiherr Th. von Merode dem Land- und Stadtgericht in Dülmen an, daß er den Prozeß um das Eigentum des Bruches, welcher bisher beim vormaligen fürstlich Bretzenheimschen Gericht der Herrlichkeit Merfeld geschwebt hatte, fortzusetzen gesonnen sei. 3 Bände Prozeßakten dieses Gerichts wurden zur Fortführung und Benutzung vorgelegt.*) Aber erst 1830 erließ das Gericht in Dülmen ein Urteil mit umfangreichen Gründen dahin: „Das ganze Merfelder Bruch wird für das Privateigentum des Klägers, Freiherrn von Merode, erklärt; die Verklagten sind schuldig die 1802 auf Bruchgrund erbaute Schule sofort zu entfernen und sich in Zukunft jeder eigenmächtigen Anmaßung darin bei Strafe zu enthalten.“ Unter Bruch (plattdeutsch Brok), so sagen die Urteilsgründe, ist der sämtliche in Merfeld gelegene unkultivierte Boden, sowohl der niedrig gelegene sumpfige, als auch der höher, zwischen und neben den Wohnungen der Eingesessenen gelegene Wilde- oder Heidegrund zu verstehen. Ueber die Benutzung dieses Brokgrundes hatten inhalts der dem Gericht vorgelegten alten Pergament-Urkunden von 1394 an und folgenden Jahren die Besitzer beider Häuser Merfelds von jeher für sich verfügt. Sie hatten Aufseher darüber bestellt, Kotten darauf errichtet, Zuschläge gemacht und diese zur eigenen Benutzung behalten oder Anderen zur Benutzung gegen Abgaben untergegeben, also Jahrhunderte hindurch über den unkultivierten Boden nach Willkür verfügt. Es begründet das die Vermutung für das sonst schwer zu beweisende Eigentum des Brokes. Die Beweisurkunden waren alle dem Merfelder Archive entnommen, hatten ein hohes Alter, meist unverletzte Siegel und griffen alle ineinander.
Auch war nach der münsterschen Eigentumsordnung von 1770 nicht der Eigenhörige Eigentümer des unterhabenden Erbes oder Kottens, sondern der Gutsherr. Der Hörige hatte nur den Erbnießbrauch; er drufte die äußerliche Gestalt der Gründe ohne gutsherrliche Bewilligung nicht verändern.
Das Urteil der 1. Instanz wurde 1832 vom Oberlandesgericht in Münster bestätigt. Das Geheime Obertribunal in Berlin aber änderte 1834 beide Urteile dahin ab: „Die Frage über das Privateigentum des Klägers am Merfelder Bruch gehört nicht zum gegenwärtigen Prozesse und wird daher zu einem besonderen Verfahren verwiesen; die Entfernung der auf Bruchgrund 1802 erbauten Schule aber wird aufrecht erhalten.“ Der ursprüngliche Antrag des Klägers hatte nämlich nur auf Herstellung des Elbertschen Aufwurfs und Entfernung der Schule gelautet; die unteren Gerichte hatten also über den Antrag der Partei hinaus erkannt. (!) Bruchland zwar nennt Kläger die streitige Grundfläche und Beklagte behaupten, die Schule liege wohl ½ Stunde vom Bruche entfernt; im Bruche, einem sumpfigen Boden, könne ein Haus nicht erbaut werden. Es liegt hier ein Mißverständnis vor. Kläger hat nicht gemeint, was technisch unter Bruch, sondern was geographisch so benannt wird. Merfelder Bruch aber heißt nach der Katasterkarte die ganze große Landfläche, innerhalb welcher die einzelnen Kolonate der Verklagten liegen.
*)Anmerkung: die alten Prozeßakten enthalten die wichtige Urkunde über den Freikauf des Lehns und sind 1922 vom Amtsgericht in Dülmen an das Staatsarchiv in Münster abgegeben worden.