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4. Die älteste Hofesverfassung Merfelds
Die gerodeten Ländereien benutzte der Grotehof teils selbst, teils wurden sie Anderen gegen jährliche Abgaben in Naturerzeugnissen oder Leistung von Hofesdiensten überlassen, So bildeten sich nach und nach weitere Siedlungen. Der Grotehof blieb der Haupthof und bildete mit den Unterhöfen eine Hofesgemeinschaft. Auf dem Haupthof wurde unter dem Vorsitz des Hofesherren mehrmals im Jahre Gericht gehalten, das man Hofsprache nannte, weil die inneren Angelegenheiten dort besprochen wurden. Die Hofhörigen erschienen vollzählig, lieferten ihre Abgaben in Früchten und Vieh ab und halfen die Streitigkeiten in Feld- und Hofsachen schlichten. Auch die Auswechslung der hofhörigen Leute, die Wiederbesetzung der ledigen Erbe und die Uebertragung des Guts vom Vater auf den Sohn wurde vorgenommen. Auch war das Markengericht über die umliegende Mark (Brok) mit dem Haupthof verbunden. Dahin gehörten die Bestrafung der Vergehen gegen die Markenordnung (Holz- und Weidefrevel), die Erhebung und Verteilung der Brüchte (Strafgelder). Die Herren vom Hof Merfeld waren die Erbholzrichter und die zwei Schulten im groten Hofe und Schulte aufm Kamp [Schultebein?] waren zu Bauernrichtern (Beisitzern) verordnet worden.
Die an den Haupthof hörigen Unterhöfe und Kotten hatten nur den Erbnießbrauch des ihnen untergebenen Landes oder Erbes. Starb das Geschlecht aus, fiel ihr Besitz dem Haupthofe heim (Heimfallrecht).
Um's Jahr 890, etwa 100 Jahre nach Einführung des Christentums in hiesige Gegend, trugen die Mönche des Klosters Werden a.d. Ruhr folgenden geschichtlich wichtigen Vermerk in ihr bis auf den heutigen Tag erhalten gebliebenes Einkünftebuch ein und zwar unter dem Abschnitt „Traditiones“, das heißt auf mündlichen Ueberlieferungen sich gründende Einkünfte, im Gegensatz zu den durch Urkunden und Verträge verbrieften Rechten:
„Thiatger, filius Dandi, pro se tradidit in Marefeldon familiam unam, unde 12 modios hordei, 12 modios siglo, 8 modios bracii et heriskilling 8 denarios.“
D.i. wörtlich übersetzt:
Thiatger, Sohn des Dandi, übergab für sich (dem Kloster) eine Familie in Merfeld, woher 12 Scheffel Gerste, 12 Scheffel Roggen, 8 Scheffel Braumalz und 8 Denare Heerschilling (uns zu liefern sind).
Es gab in der damaliger Zeit nur Adlige (d.h. Uradlige oder Dynasten), Freie und Hörige (=Leibeigene). Da bei verschiedenen Eintragungen, wenn Adlige pflichtig waren, solche von den Mönchen mit nobiles eingetragen wurden, so wird man Thiatger zu denen des freien Standes zu zählen haben. Familiennamen gab es noch nicht; die beiden Namen Thiatger und Dandi sind altsächsische Vornamen, christliche hatten sich noch nicht eingebürgert.
Unter der „Familie“ in Merfeld, welche dem Kloster in Abgabepflicht gegeben worden war, ist, nach dem Namen zu schließen, der heutige Hof Epke in Merfeld zu verstehen. Er wird 1394, bei der 1. Teilung des Hauses Merfeld, „Abbeteshus“ und 1461 (3. Teilung) „de Abt“ genannt. Auch gibt’s ein Grundstück in Merfeld die „Abtwiese“ (Flur 3 Nr. 24), am Mühlenbach gelegen, über 2 ha groß, welche die Abgabepflicht für den Abt des Klosters in Werden mahnt. Die Wiese gehörte ehemals zum Hause Merfeld und wurde 1820 abverkauft; jetziger Eigentümer ist Drees gent. Haake. Hieraus ist zu schließen, daß Thiatger, bezw. Dandi, die damaligen Herren des Haupthofes von Merfeld waren und sie beide dem freien Stande angehört haben, aus dem sich in der Folge der niedere Adel entwickelte.
Die hohen Abgaben 32 Scheffel Getreide und 8 Silberlinge, für welches Geld man damals 1 Schwein erstehen konnte, lassen vermuten, daß man ums Jahr 900 weit mit der Rodung und Kultivierung des Landes fortgeschritten war, und die 1. Siedlung in Merfeld mindestens in vorchristlicher, wenn nicht gar in der Zeit vor Christi Geburt erfolgt ist.
Das Kloster Werden war eine gefürstete, d.h. reichsunmittelbare Abtei; es genoß Steuerfreiheit, hatte aber wie die Ritterschaft Kriegsdienste zu leisten. Die Abgabe „Heerschilling“ wird daher als Entschädigung für Kriegsdienstleistung zu verstehen sein.