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1. Die Erdbeschreibung Merfelds

1. Die Grenze Merfelds im Norden bildet ein 4-5 Meter breiter und 1 Meter hoher Erddamm, dessen hohes Alter (nach Longinus) aus der eigentümlichen Bestaudung,besonders aus den alten Stechpalmen (-Hülskrabben-) Stöcken ersichtlich ist. Dieser Damm, heute Grenzwall geheissen, wird urkundlich bereits 1316 als Sneda (Schneise) zwischen dem Letter und Merfelder Bruch erwähnt; es wird ihm dort schon ein hohes Alter zugeschrieben. (Vgl. auch Westhofs Ballade; Der Ilexbaum.). [Anmerkung: Fritz/Friedrich Westhoff, Balladen Hg. Von F.Hase Münster: Theissing 1898 80S] Im Westen und Süden bildet der Heubach auf etwa 7 ¼ km Länge die Grenze nach Reken, Hülsten und Lavesum zu. Von der Welter und Börnster Mark war Merfeld ehemals durch hin und wieder gesetzte große Steine geschieden. Im Schnadumzug der Welter Mark von 1614 (Seite 210 Siedelstätten) sind die Grenzen genau beschrieben. So hat das Gebiet der Gemeinde Merfeld heute die Gestalt eines gleichschenkeligen Dreiecks, dessen Spitze die Brokmühle am Heubach und dessen unregelmäßige Grundlinie die Ostseite nach den Bschftn. Börnste und Welte hin ist. Die Länge von Westen nach Osten beträgt 8-9, die größte Breite von Norden nach Süden 5-6 km.

2. Die Gesamtfläche der Gemeinde Merfeld beträgt 2782 ha. Die Hochfläche des Steinbergs (71,5 m über dem Meeresspiegel) fällt nach Norden zur Niederung ab. Sie besteht ihrer erdgeschichtlichen Beschaffenheit nach aus einem quarzigen, stark eisenhaltigen Gesteine, welches sehr langsam verwittert und der mittleren Zone der untersenonischen Kreide (Quadraten-Kreide) angehört. Die langsame Verwitterung des Gesteins erkannt man leicht aus dem reichlichen, eisenhaltigen Steinbrocken, welche den Erdboden bedecken und dem Steinberge seinen Namen gegeben haben. Aus der Beschaffenheit und sehr schweren Zersetzbarkeit des Stoffs ist die Unfruchtbarkeit des Bodens, die kaum eine Kiefer aufkommen läßt erklärlich. Die ganze Oberfläche ist nur mit spärlichem Heidekraut überzogen (Long). Im übrigen besteht der Boden (nach Kindlinger) aus grobem Sande. Der druchschnittliche Grundsteuer-Reinertrag auf 1 Hektar beträgt 6,66 Mark. Im Vergleich hierzu hat die Gemende Tungerloh-Pröpsting den gerinsten und Buldern den höchsten Reinertrag mit 26,74 Mark im Kreise Coesfeld.

Einwohnerzahl: 845 Seelen lauf Volkszählung 1919, sämtlich katholisch, die 114 Häuser bewohnen. Die Gemeinde zerfällt in 2 Bauerschaften Merfeld und Merode. In Stiftszeiten zerfiel die Bauerschaft in die Unterbauerschaften Merfeld-Merfeld (oder -Bretzenheim) und Merfeld-Merode. Der Name Merfeld kommt nur einmal im Ortsregister des deutschen Reichs vor.

3. Bäche: Haupt- und Grenzbach ist der Heubach, welcher 1840 Halappe und 1521 Woltbecke genannt wurde; in Hausdülmen hat sich der Name Wallgappe (Waldappe?) erhalten. Der Bach entspringt 1 km westlich vom Hünsberg, Bschft. Stevede, und tritt nach 7 km Lauf an die Gemeinde Merfeld heran. Sein Wassergebiet von der Brok- bis zur Großen-Teichsmühle war ehedem arg versumpft. Von den durch die Moorkolonie Maria-Veen entwässerten Flächen abgesehen, war der Ertrag aus den Niederungsmooren (dem Merfelder und Neusträßer Broke, Doven- und Hülstener Venn) ein geringer und minderwertiger. Das Hochmoor (Lavesumer Venn) wurde nur zum Teil zur Gewinnung von Torf und Streu benutzt und bot Schafen nur spärliche Weide. Der Zustand des Heubachs war ein verwildeter, es fehlte an Entwässerungsgräben, auch wirkte der zu hochliegende Fachbaum des Staus der Großen-Teichsmühle bei Hausdülmen nachteilig. Das leidende Gebiet umfaßte rund 2800 Hektar, welches 530 Grundseigentümern gehörte, davon 875 ha dem Herzog von Croy, 115 ha der Arbeiter-Kolonie Sct.-Maria-Veen und 65 ha dem Grafen von Merveldt.

Zur Hebung des Uebelstandes wurde 1897 eine „Wassergenossenschaft unterhalb Brokmühle“, mit Sitz in Haltern, von den beteiligten Grundbesitzern gebildet. Die Wasserkraft der Großen-Teichsmühle wurde vom Besitzer Bern. Bügelmann für 50000,00 Mark käuflich erworben und im Frühjahr 1898 mit der Ausführung des von Regierungsbaurat Nolda und Forstassessor Meier aufgestellten Planentwurfs begonnen. Dieser bezweckte die Beseitigung der Mißstände durch Senkung des Grundwasserstandes und die wellenschlagslose Abführung des Tageswassers. Nach fast 3 jähriger Bauzeit wurden die Arbeiten im Herbste 1900 beendet. Die Gesamtkosten betrugen 350000 Mark, zu welchen seitens des Staats und der Provinz eine Beihilfe von je 60000 Mark gegeben wurde, so daß von den Beteiligten 230000 Mark aufzubringen waren. Gegen die Heubach-Regulierung war anfangs eine nicht geringe Zahl Merfelder der hohen Kosten wegen.

Der Kettbach kommt aus der Bschft. Flamschen, durchfließt Merfeld im westlichen Teil auf 1 ½ km von Norden nach Süden und ergießt sich bei der Wildbahn in den Heubach.

Der Seelhostbach ist eine unbedeutende Wasserrinne, mit dem Kettbache gleichlaufend und von 2 ½ km Länge.

Der Kanne- (1498 Karne-) Broksbach 1 kommt ebenfalls aus der Bschft. Flamschen und durchzieht auch den Westen Merfelds von Norden nach Süden, um im Abstande von 1 km vom Heubach mit ihm östlich zu fließen. Bei Hausdülmen vereinigen sich beide Bäche. Der Kannebroksbach scheidet in Merfeld die besiedelten von den unbesiedelten Gründen. Südlich vom Kotten Terfort umfließt er ein quadratisches Grundstück in Klammerform, den zum Hause Merfeld gehörigen Ossenkamp.

Der Mühlenbach entspringt im Quellenteich am Eisenbahndamme im Welter Kottenbroke. Rechts erhält er Zufluß von einer winzigen Wasserader, die aus einem Quellenteich, 1 km nördlich entspringt. Weiter mündet links die Schürbecke ein, die aus der Sunderheide in der Bschft. Leuste kommt. Sodann bildet der Mühlenbach einen Teich zum Betrieb der Gerdingsmühle, um 1 km weiter die Gräften und Teiche des Schlosses Merfeld zu speisen. Beim Austritt setzt er eine 2. Mühle, die Schloßmühle, in Betrieb. Nach 3-4 km weiteren Laufes nach Süden zu ergießt sich der Mühlen- in den Kannebroksbach.

4. Straßen und Eisenbahnen: Der sandige Dülmen-Borkener Landweg ist von Dülmen bis zum letzten Hause jenseits Merfeld (Wirt Göckener) seit etwa 1900 mit großen Kosten als Kunststraße ausgebaut worden. 1897 wurden den Landgemeinden Merfeld und Dülmen vom Kreistage zu Coesfeld 3300 Mark Beihilfe zum Chausseebau Dülmen-Merfeld bewilligt. 1895 schon war der chausseemäßige Ausbau des Gemeindewegs nach Merfeld auf Stadt Dülmenschem Gebiete bis zum Eisenbahn-Uebergange ausgeführt worden. Zu den Kosten von 18900 Mark wurden aus Kreismitteln 5000 Mark beigesteuert. 1898 wurde der weitere Ausbau vom Bahnübergange bis zur Gemeindegrenze Merfeld in einer Länge von 666 Meter vollendet.

Auch der Lavesumer Weg ist als Kunststraße ausgebaut. Er zweigt westlich von Haus Merfeld vom Hellweg ab und wurde während des Weltkrieges von französischen Kriegsgefangenen angelegt. Außerdem sind einige Dorfstraßen vom Bauunternehmer Lödding-Dülmen mit fester Steindecke versehen worden. Der Weg nach Lette ist noch nicht ausgebaut.

Etwa 1 km südlich Broksmühle liegt die Haltestelle St. Maria-Veen der Eisenbahnlinie Coesfeld-Dorsten. Diese durchzieht den äußersten Westen Merfelds auf 1 km Länge.

Im Osten berührt die Eisenbahn Dortmund-Enschede die Gemeinde. Eine Haltestelle beim Hofe Bakenäcker in Welte wird Herbst 1922 eingerichtet sein und eröffnet werden..

1914 plante man die Anlage einer Eisenbahn Borken-Merfeld-Dülmen-Hamm; die Stadt Dülmen hatte 400 Mark zu den Kosten der Vorarbeiten bewilligt; doch wurde die Linie über Coesfeld gelegt.

5. Eine Posthilfs- und Fernsprechstelle ist in der Schenkwirtschaft Lücke am Borkener Wege, dem Schlosse gegenüber, eingerichtet. Eine 2. Schenkwirtschaft, Göckener, liegt am selben Wege, außerhalb, nach Borken zu, und eine 3.(Töns) am Lavesumer Wege.

6. Die Schule Merfelds liegt inmitten der Gemeinde. 2 Lehrer und 1 Lehrerin sind dort tätig. Der Hauptlehrer Rüter wohnt im „Schulhause“, etwa ½ km nördlich der Schule. Zum Schulvermögen gehören 8 ha Land mit 9 Tlr. Grundsteuer-Reinertrag. Eine Baumschule wird dort von Altersher gepflegt. Wegen der Erbauung der Schule wie des Schulhauses auf „Brokgrund“ 1802 entspann sich ein schwerer Prozeß zwischen der Gutsherrschaft Merode und der Gemeinde, der erst durch die Teilung des Merfelder Bruchs sein Ende fand (s. Kap. 16).

In der Gemeinde befindet sich ein von der Familie von Merode gestiftetes Armenhaus, welches jetzt im Besitze des Herzogs von Croy ist.

7. Eine Sage. Ein gewalttätiger Junker von Merfeld kann wegen seiner bösen Taten keine Ruhe im Grabe finden. Er lebt als schwarzer Hund mit tellergroßen, flammenden Augen weiter und treibt im Merfelder Broke sein Unwesen bis zur Stunde. Er wird der „Teinuhrsrüe“ (Zehnuhrshund) genannt. Mancher alte Merfelder weiß von ihm schauerliches zu berichten.

8. Alter Gebrauch. 1821 weigerten sich die Eingesessenen Merfelds, dem Neutor-Pförtner der Stadt Dülmen die ihm jährlich zustehenden Roggengarben zu verabfolgen, angeblich weil er von ihnen im vorigen Jahre die Lieferung von Steinen zur Kirchhofsmauer in Dülmen gefordert und im Weigerungsfalle sie mit Strafe bedroht habe. Die Stadt berichtete an den Landrat, die Abgabe sei uralt und habe wohl mit dem Entstehen der Stadtbefestigung ihren Ursprung erhalten; sie sei ein Ersatz dafür, daß der Pförtner namentlich zur Nachtzeit bei Abholung der Geistlichen, Aerzte, Hebammen usw. das Tor öffnen und schließen müsse. Auch an den anderen Stadttoren bestehe die Verpflichtung für die übrigen Kirchspiels-Eingesessenen von jeher.

Der Landrat verwies die Stadt auf den Prozeßweg; der Ausgang des Streites ist nicht bekannt.

1 Der Name des jetzigen niederländischen Außenministers van Karneboek hat wohl dieselbe Bedeutung.