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9. Was das Wappen der Herren von Merfeld erzählt

I.

Von Spießens Wappenbuch des westfälischen Adels sagt über das Merfeldsche Familienwappen: „Es ist in Weiß ein rot schräges Gitter; auf dem gekrönten Helm ist (rechts) ein weißer und ein roter Flügel, dazwischen wiederholt sich der Schild. Quelle: Archiv des Hauses Merfeld. Die Linie Merfeld, Stammsitz im Kirchspiel Dülmen, Uradel, erlosch gegen 1680.“ Die Bedeutung des Wappelbildes (Sparrenschräggitter) ist unbekannt. Die Entstehung der Wappenbilder geht in die älteste Germanenzeit zurück. Zunächst waren sie als Erkennungszeichen auf den Schilden, den Deckwaffen der Krieger, angebracht; dann waren die den Edlen ein Mittel, um sich als Vorsteher ihrer Herrlichkeit, namentlich als Vertreter der hohen Gerichtsbarkeit über Leben und Tod, kenntlich zu machen. Man wählte dazu vielfach Gegenstände, die mit der Gerichtsstätte im Zusammenhange standen und benutze zum Ausdruck eines rechtlichen Begriffs die Bildersprache, indem man einen Gegenstand zeichnete, dessen Name mit dem auszudrückenden Begriff übereinstimmte. So ist ein Zeichen der hohen Gerichtsbarkeit der Galgen, jedoch weniger der aufrechtstehende Balken mit Querbalken, als letzterer allein; ferner das Rad als Marterwerkzeug und die Raute (Viereck). Man umhegt nämlich die Dingstätte mit Haselstäben. So hat sich der Name einer eingehegten Fläche das Wort „Rute“ gebildet. Wir finden den Querbalken des Galgens im Wappen der Stadt Münster, bezw. Der Gografen von Münster, das 5 speichige Rad im Wappen der Stadt Osnabrück, welche ebenfalls die Gerichtsbarkeit des Gografen an sich gebracht hatte; der gegitterte Schild (Raute) war das Wappen der Herren von Merfeld. Auch in ihren Siegeln (Petschaft) führten sie den schräg gegitterten Schild.

Auch die Farbe der Wappen hatte ihre besondere Bedeutung. Rot war die kaiserliche Belehnungsfahne, und solange das römische Reich deutscher Nation bestand, war die rote Fahne so gut bekannt wie heute die schwarz-weiß-rote. Rot ist die vorherrschende Farbe in den Wappen der Freien und der Reichsstädte.

II.

Das gleiche Wappen wie die von Merfeld führten auch andere in der Nähe von Dülmen angesessene Familien, wie die von Dülmen, von Rechede, von Emte, von Schenk, von Rorup, von Lette usw. Welche dieser unter einander verwandten Familien ist als das Stammgeschlecht anzusehen? Ist es die von Dülmen, wie bisher man angenommen hat? Die Herren von Dülmen werden urkundlich zuerst 1129 aufgeführt als bischöfliche Dienstmannen, also nach Gründung der Landesburg Dülmen, welche in den Jahren 1115 bis 1117 erbaut wurde. Eine Familie von Dülmen war mit dem Burggrafenamt belehnt; nach damaliger Sitte, legte sie den Familiennamen ab und benannte sich nach der Burg, wie die Burggrafen von Rechede, die das Merfeldsche Wappen ebenfalls führten, sich nach ihrer Burg bezeichneten. Dülmen, Haltern und Billerbeck waren allem Vermuten nach Reichshöfe Karls des Großen, indem sie von ihm nach dem Sachsen-Kriege als Höfe der Edelfreien oder Freien altsächsischer Geschlechter eingezogen wurden; dann kamen die Höfe in die Hand des Landesherren, des Fürstbischofs von Münster, der sie zu Amtshöfen machte. Es mag die Familie von Dülmen auch mit dem Amtshof Dülmen als Amtmann (Droste) belehnt gewesen sein; auch in diesem Falle hätten sie ihren Familiennamen abgelegt unter Beibehaltung ihres alten Familienwappens. Im Werdener Heberegister vom Jahre 900 wird in Dülmen „Thiading, ein Adliger“, als abgabepflichtig benannt; mit diesem kann nur der zu Haus Visbeck angesessene Edelmann gemeint gewesen sein, da Visbeck später als Lehnsgut des Klosters Werden auftaucht und Visbeck in „Süddülmen“ lag, indem der Name Dernekamp oder Bauerschaft Visbeck erst später entstanden ist oder gebräuchlich wurde.

Auch daß die Herren von Dülmen seit 1178 als Freigrafen auftraten und später – nach ihrem Aussterben – die Freigrafschaft in die Hände der Herren von Merfeld gelangt, scheint nur die Ansicht zu bestätigen, daß sämtliche adlige Familien als die Sprößlinge derer von Merfeld anzusehen sind, wie solches unzweifelhaft die von Schenk sind (1271: Johannes de Mervelde miles et domini Monasteriensis pincerna (=Schenk.)